Autor*inSandra Kohler, Lorenz Stauffer
ErscheinungsdatumApril 2016
Publiziert in:Mitgliedermagazin AKTIV Kaufmännischer Verband

Wahre Schönheit kommt von innen – so steigern Sie Ihre Attraktivität als Arbeitgeber

Relevanz des Themas

Schönheit gilt für Frauen und Männer oftmals als erstrebenswertes Ziel oder zumindest als Nebeneffekt, der sich bei der Partnersuche nicht nachteilig auswirkt. Auch für Unternehmen wirkt sich die Wahrnehmung als attraktiver Arbeitgeber bei bestehenden und potenziellen Mitarbeitenden positiv aus. Die Wichtigkeit eines attraktiven Arbeitgeberimages ist seit geraumer Zeit bekannt und wird durch den Fachkräftemangel und den damit verbundenen ausgetrockneten Arbeitsmarkt bei gewissen Berufsgruppen (z. B. MINT, Pflegefachpersonen zusätzlich akzentuiert. Die Ausgangslage für die Personalgewinnung ist für attraktive Arbeitgeber definitiv besser als für unbekannte Firmen oder jene mit einem negativen Arbeitgeberimage.

Wahre Schönheit kommt von innen! So ist es auch für Unternehmen wenig nachhaltig, nur in die Aussenwirkung zu investieren. Mitarbeitende werden das Unternehmen innerhalb kurzer Zeit verlassen, wenn der Schein trügt und die gemachten Aussagen nicht halten, was sie versprechen. Dies ist ähnlich dem bösen Erwachen, nachdem der neue Partner nicht mehr durch die rosarote Brille angesehen wird.

Für Arbeitgeber lohnt es sich deshalb, systematisch in die eigene Arbeitgeberattraktivität zu investieren. Dabei sollen Massnahmen priorisiert und aufeinander abgestimmt werden, so dass sich die Botschaften spürbar verankern können. Eine systematische Personalerhaltung trägt wesentlich dazu bei, sich langfristig und glaubhaft als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Kurzfristige Ad-hoc-Massnahmen sind dabei wenig zielführend.

Ansatzpunkte zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität

Unter dem Begriff Arbeitgeberattraktivität werden all jene Faktoren subsumiert, welche Personen dazu bewegen, sich bei einem Unternehmen zu bewerben und längerfristig für dieses zu arbeiten. Solide Anstellungsbedingungen bilden dafür eine wesentliche Grundlage.

Immer wieder wird in diesem Zusammenhang auch das Thema Lohn ins Spiel gebracht. Diverse Studien belegen, dass Lohn langfristig nicht als Motivator wirkt, aber zu Unzufriedenheit führen kann, wenn er im internen oder externen Vergleich schlecht abschneidet. Das Lohnangebot von Unternehmen sollte sich folglich im Bereich der marktüblichen Gehälter bewegen und von der Mehrheit der Belegschaft als fair empfunden werden – dies im Wissen, dass es keine objektive Lohngerechtigkeit gibt. Gerade in Wohlstandsnationen wie der Schweiz zeigt sich jedoch, dass Geld allein nicht glücklich macht und immer mehr Mitarbeitende ab einer gewissen Salärhöhe bereit sind, Lohneinbussen zugunsten von anderen Faktoren in Kauf zu nehmen.

Diverse motivationstheoretische Erklärungsansätze zeigen, dass insbesondere dem Arbeitsinhalt zentrale Bedeutung zukommt. So sind z.B. Anforderungsvielfalt, Ganzheitlichkeit, Bedeutsamkeit sowie Gestaltungsspielraum und Feedback entscheidende Merkmale einer attraktiven und motivierenden Aufgabengestaltung.

Unternehmen, welche ihren Mitarbeitenden interessante Zukunftsperspektiven bieten, berufliche Entwicklungsmöglichkeiten frühzeitig ansprechen und Weiterbildung fördern, erfüllen damit ein zentrales Bedürfnis einer Mehrheit der Mitarbeitenden. Persönliche Weiterentwicklung und lebenslanges Lernen stellt für die meisten Personen ein wichtiges Element im Rahmen ihres Strebens nach Selbstverwirklichung dar. Dabei müssen sich die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten nicht zwingend auf einen hierarchischen Aufstieg beziehen, sondern können auch die Einbindung in spannende und für das Unternehmen relevante Projekte umfassen.

Die Umsetzung flexibler Arbeitsmodelle stellt aus unserer Erfahrung einen jener Faktoren dar, welche sich direkt auf die Wahrnehmung als attraktiver Arbeitgeber auswirken. Zeitgemässe Arbeitsmodelle ermöglichen ein hohes Mass an Flexibilität bezüglich der Gestaltung der Arbeitszeit (z. B. Gleitzeit, Jahresarbeitszeit, Kauf zusätzlicher Ferien) und des Arbeitsorts (z. B. Home Office, Telearbeit). Selbstverständlich muss dabei stets im Einzelfall abgewogen werden, welche Funktionen sich in welchem Ausmass dafür eignen. Nebst einer entsprechenden ICT-Infrastruktur fordern flexible Arbeitsmodelle eine Unternehmens- und Führungskultur, welche sich auszeichnet durch Vertrauen und ein von ganz oben getragenes, gemeinsames Interesse an modernen Arbeitsformen. Durch flexible Arbeitsmodelle kann insbesondere dem verstärkten Bedürfnis nach Vereinbarkeit des Berufs mit anderen Lebensbereichen Rechnung getragen werden. Auch im Zusammenhang mit dem Megatrend Digitalisierung eröffnen sich für Unternehmen neue Horizonte. Emotionale und kulturelle Begeisterung von Mitarbeitenden, Erweiterung von Handlungsspielräumen und Generationenmanagement rücken damit vermehrt in den Fokus der Betrachtung. Selbstverständlich ist diese Aufzählung nicht abschliessend und so bieten sich zahlreiche weitere Ansatzpunkte zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität.

Vorgehen

Es ist offensichtlich, dass ein Unternehmen kaum all diese Ansatzpunkte zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität gleichzeitig glaubwürdig erfüllen kann – ansonsten besteht grosse Gefahr, dass diese zu Lippenbekenntnissen verkommen und sich die rosarote Phase aus Mitarbeitersicht relativ früh zu Ende neigt. Da Attraktivität stets sehr subjektiv ist, werden auch nicht alle Mitarbeitenden auf dieselben Angebote von Unternehmen ansprechen. Aus unserer Sicht ist es deshalb unerlässlich, die Zielgruppen zu definieren sowie zu priorisieren und sich anschliessend fundiert mit deren Bedürfnissen zu beschäftigen. Diese Auseinandersetzung kann auf unterschiedlichen Ebenen erfolgen

  • Analyse von Bedürfnistrend (generell, brachen- und generationsspezifisch)
  • Analyse intern verfügbarer Daten (Mitarbeitergespräche, Mitarbeiterbefragung, Bewerbungs- und Austrittsgespräche)
  • Erhebung interner Daten (Durchführung  von Interviews oder Moderation von Gruppendiskussionen bezüglich Bedürfnissen und Soll-Ist-Vergleich)

Bei der Zielgruppendefinition und bei der Gestaltung von Massnahmen bildet Fokussierung den Schlüssel zum Erfolg.

Chancen für KMU

Gerade die Thematik der Fokussierung soll insbesondere KMU ermutigen, aktiv zu werden und zu erkennen, dass sie im Wettbewerb um die knappen Fachkräfte im Vergleich zu Grossunternehmen nicht per se schlechtere Karten haben. KMU verfügen über zahlreiche, mit ihrer Grösse verbundene Stärken:

  • kurze Kommunikationswege und schnelle Entscheidungsfindung
  • ausgeprägte Entscheidungskompetenzen und Gestaltungsspielräume
  • Kenntnis übergeordneter Zusammenhänge
  • persönlichen Umgang und weniger Bürokratie
  • unternehmerisches Denken

Diese gilt es überzeugt ins Feld zu führen und den aus der Grösse resultierenden Nachteilen (z.B. beschränkte Aufstiegsmöglichkeiten, weniger finanzielle Möglichkeiten, tieferer Bekanntheitsgrad) gegenüberzustellen und das Anreizsystem systematisch auf ausgewählte Bedürfnisse auszurichten. Egal ob KMU oder Grossunternehmen – bezüglich der glaubwürdigen Positionierung als attraktiver Arbeitgeber und damit „der Schönheit von innen heraus“ besteht vielerorts noch Luft nach oben!

Erschienen im April 2016 in «AKTIV», dem Mitgliedermagazin vom Kaufmännischen Verband