ErscheinungsdatumApril 2008
Publiziert in:Stellenanzeiger von Der Bund und Berner Zeitung

Gesundheit am Arbeitsplatz ist ansteckend!

Wer sich wohl fühlt am Arbeitsplatz ist seltener krank. Der Zusammenhang zwischen Absenzquote und Arbeitsklima ist auch ohne grossangelegte Studien leicht nachvollziehbar. Deshalb ist es entscheidend, für die jeweilige Funktion nicht die beste Person einzustellen, sondern die am besten geeignete. Rita Buchli (Visana) und Bernhard Kohler (kohler + partner) erklären, wieso Absenzprävention und Rekrutierung von Mitarbeitenden zusammengehören.

Absenzmanagement ist für viele Unternehmen ein Thema, das ihnen unter den Nägeln brennt. Um was geht es?

Rita Buchli: Es geht darum, die Abwesenheiten der Mitarbeitenden systematisch zu betreuen. Konkret bedeutet dies, sämtliche Absenzen konsequent zu erfassen und auszuwerten. Gestützt darauf sollen Arbeitgeber im Rahmen ihrer Möglichkeiten präventive Massnahmen einleiten, damit die Mitarbeitenden gesund bleiben, die Erkrankten richtig betreut und ihre Rückkehr respektive Wiedereingliederung geplant werden können.

Die Leute waren doch auch früher schon krank. Wieso sind Absenzen heute ein besonders ernst zu nehmendes Problem für Unternehmen?

Rita Buchli: Absenzen sind ein wichtiger Kostenfaktor für jedes Unternehmen. Ein Absenztag kostet, inklusive direkte und indirekte Kosten, im Durchschnitt rund 750 Franken. Da Krankheit keinen absoluten Begriff darstellt, sind diese Kosten beeinflussbar. Insbesondere das Führungsverhalten kann die Absenzquote positiv beeinflussen. Gemäss einer Studie könnten dank eines geeigneten Führungsstils rund zwei Drittel der durch Fehlzeiten verursachten Kosten eingespart werden.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Rekrutierung von Mitarbeitenden und ihrem Absenzverhalten?

Rita Buchli: Nur die richtige Person am richtigen Ort bleibt langfristig leistungsfähig und gesund. Wer beispielsweise eher introvertiert und zurückhaltend ist, befindet sich stets in einer Stresssituation, wenn er oder sie vor Publikum sprechen muss. Als Dozent wäre diese Person definitiv am falschen Ort. Entweder reicht sie bald die Kündigung ein oder sie geht längerfristig das Risiko einer psychischen oder psychosomatischen Erkrankung ein. Dies hat jedoch absolut nichts mit einer Wertung zu tun. Es geht nicht um gute oder schlechte Mitarbeitende, sondern um passende oder unpassende.

Wie finden Personalfachleute diese passende Person?

Bernhard Kohler: Als Erstes ist das künftige Aufgabengebiet des zu rekrutierenden Mitarbeitenden genau zu definieren. Anschliessend ist ein Kompetenz- und Anforderungsprofil als weitere Grundlage des Bewerbungsgesprächs zu erarbeiten. In diesem Prozess muss im Detail geklärt werden, was unter bestimmten Kompetenzen und Anforderungen zu verstehen ist. Beispielsweise besteht die Kompetenz «Konfliktfähigkeit» aus den Komponenten Belastbarkeit, Respekt gegenüber anderen, Offenheit, Einfühlungsvermögen und Kompromissbereitschaft.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, wie Sie während des Bewerbungsgesprächs herausfinden, ob sich eine Person für die betreffende Stelle eignet?

Bernhard Kohler: In der Gesprächsvorbereitung werden klare Fragen zu den relevanten Kompetenzen und Anforderungen definiert. Mittels Einsatz von halbstandardisierten Interviews stelle ich sicher, dass alle Bewerberinnen und Bewerber für einen bestimmten Job den gleichen Fragenkomplex zu beantworten haben. Dies ermöglicht einerseits die individuelle Bewertung und andererseits die Vergleichbarkeit aller Interviewten. Damit lässt sich die geeignete Person am besten ermitteln.

Die passende Person wurde rekrutiert. Bleibt sie nun garantiert gesund?

Rita Buchli: Eine Garantie für Gesundheit gibt es leider nicht. Vor allem hört es nicht mit der Rekrutierung auf. Jetzt sind wie bereits erwähnt die Führungspersonen gefragt. Ob sich ein Mitarbeiter am Arbeitsplatz wohl fühlt oder nicht, kann sich bereits mit dem ersten Arbeitstag und dem Einführungsprogramm entscheiden. Aufgrund meiner Erfahrungen mit unseren Firmenkunden bin ich davon überzeugt, dass Gesundheit ansteckend ist.

// Interview: Stephan Fischer