Autor*inBernhard Kohler
ErscheinungsdatumJuni 2004
Publiziert in:Stellenanzeiger von Der Bund und Berner Zeitung

Nachfolgelösungen in KMU

In den letzten Jahren wurden wir als Unternehmens- und Personalberatungsfirma des Öfteren für die Erarbeitung von Unternehmens-Nachfolgelösungen beigezogen. Einerseits um die unbefriedigende IST-Situation im Detail zu analysieren und andererseits, um mögliche Lösungsvarianten vorzuschlagen.

Stellenwert der KMU in der Schweizer Wirtschaft

Informationen und Aussagen zu Grossfirmen wie Nestlé, Post, SBB und Novartis dominieren die Wirtschaftsseiten sämtlicher Medien. Tatsächlich jedoch wird die Schweizer Wirtschaft von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt. Gemäss neuester verfügbarer Zahlen bilden die KMU (Kleine und Mittlere Unternehmen) die überwiegende Mehrheit der marktwirtschaftlichen Unternehmen: 99,7% der Unternehmen beschäftigen weniger als 250 Mitarbeitende. Die Beschäftigungsstatistik belegt, dass 7 von 10 Arbeitsplätzen in der Schweiz von KMU angeboten werden.

In der Schweiz sind ca. 300 000 Firmen ansässig; knapp die Hälfte davon wird von Familien kontrolliert. Die meisten dieser Familienunternehmen gehören zu den Kleinunternehmen und ihr Bekanntheitsgrad ist regional begrenzt. Dort haben diese Betriebe aber eine zentrale volkswirtschaftliche Bedeutung.

Was prägt KMU?

KMU, resp. deren Inhaber oder Geschäftsführer, weisen oft Gemeinsamkeiten auf wie Pioniergeist in den jüngeren Jahren und Mut zu Risiko; bei angestammten Betrieben sind Beharrungs- und Durchsetzungsvermögen und selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein überaus hohes Mass an Loyalität und Arbeitsplatzsicherheit gegenüber den Mitarbeitenden als Merkmale zu nennen. Dagegen fehlt es in vielen KMU an einem professionellen Risikomanagement als Grundlage von Geschäftsprozessen und Unternehmensentscheiden.

Wo drückt der Schuh?

In vielen mittelständischen Unternehmen finden Personalplanungen Eingang in die strategische Ausrichtung des Betriebes. Eine EDV-gestützte Investitions- und Finanzplanung, die kurz-, mittel- und langfristig ausgerichtet sein kann, gehört ebenso zum selbstverständlichen Instrumentarium der Unternehmensführung wie eine Absatzplanung und -kontrolle. Die Nachfolgeplanung, die sowohl die Eigentümerposition der Familie wie auch die Unternehmung in deren Gesamtheit betrifft, wird dagegen nicht oder nur selten vorgenommen.

Alarmierende Zahlen

  • Man geht davon aus, dass in den nächsten 5 Jahren in der Schweiz 15-20 % der KMU-Betriebe ihre Nachfolge zu lösen haben; damit werden rund 400 000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt betroffen.
  • Pro Generationenwechsel verschwinden im Schnitt 30 % der Familienunternehmen.
  • Über 70 % der Nachfolgeregelungen werden zu spät oder gar nicht angegangen.
  • Nur jede 3. Nachfolgeregelung von der 1. in die 2. Generation gelingt. Nur jede 10. Nachfolge von der 2. in die 3. Generation gelingt.

Gründe für das Scheitern von Nachfolgelösungen

Die Gründe liegen mehrheitlich im psychologischen und emotionalen Bereich, denn Unternehmer neigen dazu, sich über ihr Lebenswerk zu definieren. Dies kann zu einer Isolation führen, derer sich der Unternehmer gar nicht bewusst ist. Das Thema Nachfolgelösung wird von den meisten Unternehmern verdrängt, denn die Nachfolge bedingt auch die Bereitschaft loszulassen. Die eigene Unternehmung war jahrelang der Stolz, die Identität und der Status des Unternehmers. Dieses Verdrängen führt dazu, dass eine Lösung zu spät angegangen wird und erschwert später auch die konkrete Umsetzung einer neuen Lösung.

Wer haftet eigentlich?

Bei einer Einzelfirma liegt die Verantwortung für die Nachfolgeplanung beim Unternehmer selber. Bei allen anderen Gesellschaftsformen sind neben dem Unternehmer andere Instanzen in die Planung und Regelung der Unternehmernachfolge eingebunden: Bei Personengesellschaften ergibt sich die Kompetenz für die Anstellung und Kündigung des Geschäftsführers aus dem Gesellschaftervertrag, bei der GmbH liegt sie bei der Gesellschafterversammlung. In Aktiengesellschaften gehört die Nachfolgeplanung zu den nicht entziehbaren und nicht delegierbaren Aufgaben des Verwaltungsrates.

Wie vorgehen?

Aufgrund der Komplexität der jeweiligen Aufgabenstellung ist der Ablauf einer Nachfolgelösung keine kurzfristige Aktion, sondern ein längerer Prozess, der durch die Begleitung von externen Spezialisten leichter und schneller zum Erfolg führen kann. Die Regelung der Nachfolge ist eine unternehmerische Aufgabe, die ebenso wie andere betriebswirtschaftliche Fragestellungen gelöst werden muss. Die enge Zusammenarbeit mit den vorgesetzten Instanzen (z.B. Verwaltungsrat) ist diesbezüglich eine Selbstverständlichkeit.

Der Verzicht auf die notwendige Planung wirkt sich für alle Beteiligten wie auch für das Unternehmen selber negativ aus. Unterschiedliche Ausgangssituationen und unterschiedliche betriebliche Rahmenbedingungen erfordern jedoch ein spezifisches Vorgehen und Analysieren der jeweiligen Situation. Je früher die Nachfolgeregelung geplant und getroffen wird, desto grösser sind die Erfolgsaussichten. Als Grundregel gilt, dass die Planung einer Nachfolgelösung 10 Jahre im Voraus an die Hand genommen werden muss. Zu einer guten Nachfolgelösung gehören im Idealfall die Schaffung von klaren Führungsstrukturen, eine klare Informationspolitik im Unternehmen, bei Kunden und Lieferanten wie auch eindeutige vertragliche Regelungen.

Fazit

Der erfolgreiche Aufbau und die erfolgreiche Führung einer Unternehmung sind etwas völlig anderes als die erfolgreiche Gestaltung der Unternehmernachfolge. Die goldene Regel der Unternehmernachfolge existiert nicht; jede Nachfolgeplanung erfordert eine individuelle und spezifische Lösung. Die Nachfolgeplanung kann nicht früh genug angegangen werden; die Erfolgsaussichten sind umso grösser, je früher die Nachfolgeregelung getroffen wird. Der Beizug von externen Unternehmens- und Personalberatern erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die beste unternehmensspezifische Lösung gewählt und dass der vereinbarte Zeitplan auch eingehalten wird.